Interview mit Herrn Kotaro Nagai von ‚Schrauben-Nagai’
Off Time Nr. 8
von Kenta Shimizu
Der erste von der Trainermannschaft, mit dem wir ein Interview machen, ist der stellvertretende Leiter des Geschäftes ‚Schrauben-Nagai’ in Setagaya-ku/Kamiuma. Herr Nagai war unter Shimizu Sensei etwa 9 Jahre als Uchi-Deshi aktiv, und er hat das Schrauben-Spezialgeschäft von seinem Vater übernommen. Jetzt ist er einer der Trainer im Tendokan, und er unterrichtet und trainiert. „Innerhalb eines Umkreises von nur einem Meter lassen sich mit Sicherheit Schrauben finden!“ ... er teilte uns seine Gedanken über die Bedeutung einer einzelnen Schraube und über die Trainertätigkeit und das Training im Tendokan mit.
Worauf achtest Du besonders bei Deiner Trainertätigkeit im Tendokan?
Ich unterrichte nicht nur einfach die Formen und Techniken, ich möchte ganz besonders die Bedeutung der Verbindung der Herzen betonen, nicht wahr.Wenn ich die Menschen betrachte, die Aikido zu lernen beginnen, so stehen sie schon allein durch das Betreten des Dojos unter Stress, und außerdem müssen sie mit ihrem Körper aktiv werden. Formen zu unterrichten ist leicht, aber ich will mich bemühen, daß jedes einzelne an sie gerichtete Wort für sie von Bedeutung ist. Und es ist schade, wenn man Budo nicht auch mit Freude ausübt. In einem Dojo, in dem die älteren Schüler den neuen Schülern ihre Aufmerksamkeit widmen können, wird die Stimmung gut sein, und mit Sicherheit verbessert sich auch das Können im Aikido.
Die Freude beim Training ist wohl ein wichtiger Bestandteil, oder?
Ja, davon bin ich absolut überzeugt.
Nagai-san, Du hast als Uchi-Deshi unter Shimizu Sensei trainiert; wenn Du jetzt zurückzublicken versuchst, welche Dinge haben Dich besonders beeindruckt?
Shimzu Sensei ärgerte mich oft (Lachen). Schon fünf Minuten nach Trainingsbeginn ergingen endlose Predigten ... aber da ich Schüler war, konnte ich nichts einwenden. Jedoch wenn ich es jetzt vom Standpunkt des Unternehmers aus betrachte, so verstehe ich die damaligen Worte von Shimizu Sensei in der Tat sehr gut. Shimizu Sensei machte immer einen frischen Eindruck. Bei der Leitung und beim Management des Dojos fielen ihm blitzartig neue Gedanken ein. Deswegen war es sehr anstrengend, seinen Gedanken zu folgen, aber diese Frische ist etwas ganz besonders Hervorragendes.
An welches besonders anstrengende Erlebnis erinnerst Du Dich?
Da ist eine Sache, die ich auf einem Lehrgang in Deutschland erlebte; an diesem Tage hatte ich sehr viel zum Mittag gegessen und auch Bier getrunken, und in meiner Selbstsüchtigkeit dachte ich, daß es an diesem Tage kein Training geben würde. Aber es ergab sich, daß ganz eilig ein Training stattfinden sollte ... . Da es Sommer war, war es im Dojo heiß, und es herrschten Bedingungen, daß auch ohne jede Bewegung der Schweiß in Strömen floß. Mein Magen war voll, ich hatte auch viel getrunken, und ich mußte Sensei’s Uke sein ... das war wirklich äußerst anstrengend (Lachen).
Was für Erinnerungen hast Du bezüglich Shimizu Sensei außerhalb des Dojos?
Shimizu Sensei hat mir wirklich viel geholfen. Oft habe ich Shimzu Sensei an den trainingsfreien Tagen besucht und wurde zum Essen eingeladen. Sensei hat mich immer mit den Worten „Nagai, lange nur kräftig zu“ zum Essen aufgefordert. Durch seine Haltung lernte ich in dieser Zeit wie man nicht nur am Arbeitsplatz sondern auch ausserhalb davon mit den Sorgen seiner Angestellten umgehen sollte. Während der Uch-Deshi Zeit gab es auch sehr harte Perioden, aber ich denke, daß es mir durch die Güte von Shimizu Sensei gelang, darüber hinweg zu kommen.
Mit welcher Einstellung hast Du Dich bei den Vorführungen als Uke von Shimizu Sensei vorbereitet?
Es ist die Einstellung, “an nichts zu denken”, in der Bedeutung, jede Anspannung abzulegen, und das Bemühen, keine der Bewegungen von Shimizu Sensei zu übersehen.
Es gibt den Film ‚Secret Service’ mit Clint Eastwood, und in einer Szene in der Rolle als Bodyguard des Präsidenten wird er gefragt, wovor er am meisten Angst hat, und das war nicht der eigene Tod, sondern die Antwort war „daß ich etwas übersehen könnte“. Ich weiss nicht genau, ob ein Uke im Aikido nun so weit gehen muß, sein Leben zu riskieren, aber mein Ziel ist, in ähnlicher Weise aufmerksam zu sein. Und schließlich braucht man ein gewisses Selbstvertrauen, glaube ich.
Wenn wir ehrlich sind, haben wir kaum eine Vorstellung von einem Spezialgeschäft für Schrauben, wie läuft denn die Arbeit in Deinem Geschäft ab?
In meinem Geschäft handle ich mit Schrauben. Entsprechend den Wünschen meiner Kunden verkaufe ich alle Stückzahlen von einer bis zu 100000 Schrauben. Und darunter befinden sich Schrauben mit dem Gewicht von 1 mg bis hin zu mehr als 15 kg.
Mit welcher Art von Kunden hast Du es in Deinem Geschäft zu tun?
Es kommen sowohl Kinder, die für die Reparatur ihres Spielzeugs etwas suchen, als auch Bestellungen von großen Firmen. Die Bestellungen kommen aus dem Bereich der Spiele, aus dem Computerbereich, aus dem Bereich der Architektur, aus dem Bereich des Pachinko (japanischer Flipper) und so weiter, es gibt wirklich keine besonderen Schwerpunkte, und ich habe Kontakt mit Menschen aus verschiedensten Berufsgruppen. Ich kann mir vorstellen, daß die meisten Menschen glauben, daß im alltäglichen Leben Schrauben im eigenen Umfeld nur eine geringe Rolle spielen, aber mit Sicherheit sind im Umkreis von nur einem Meter Schrauben zu finden. Zum Beispiel in Brillengestellen, im Mobiltelefon, in der Armbanduhr und in Produkten der elektrischen Haushaltsgeräte. Es ist sicher korrekt zu sagen, daß sie überall in den Dingen der Umgebung, die für das tägliche Leben notwendig sind, benutzt werden. Und wenn nur eine einzige Schraube fehlt, wird ein Gerät bedauerlicherweise unbrauchbar.
Ach ja, erst wenn man darüber nachdenkt, bemerkt man, daß es viele Dinge gibt, die nicht mehr verwendbar sind, nur weil eine einzige Schraube fehlt.
Das ist völlig richtig. Und das liegt daran, daß eine Handtasche, wie teuer sie auch immer sein mag, schließlich unbenutzbar wird, wenn eine Schraube am Griff fehlt.
Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Aikido und Deiner jetzigen Arbeit?
Ja, angefangen von Kindern hin bis zu Erwachsenen kommen Kunden in mein Geschäft; über Express-Hauslieferanten, per Telefon und per Fax werden die verschiedensten Angelegenheiten für sehr unterschiedliche Aufgaben von mir bearbeitet. Im Geschäftsbetrieb gibt es einen sogenannten Geschäftsfluß, und wenn man sich nicht daran gewöhnt hat zu verstehen, welche Aktivitäten die Angestellten jetzt im Augenblick gerade ausführen, so entstehen ganz schnell große Probleme.
Wenn ich erfassen kann, was jener Angestellte gerade jetzt tun mag, was ein anderer Mensch gerade macht, dann kann ich leicht daraus ableiten, was ich tun sollte und welcher Angelegenheit die höheste Priorität gegeben werden sollte.
Das gibt es genauso im Aikido Training, wenn man sich am Ende nur auf eine einzige Sache konzentriert, dann ist der Kopf blockiert, und die Bewegungen werden schließlich zu klein. Wir trainieren nicht allein, sondern wir müssen uns in Einklang mit dem Bewegungsfluß des Partners, mit dem wir zusammen trainieren, bewegen. Auf natürliche Weise den Bewegungsfluß zu erfassen, das ist der Teil meiner Arbeit, der mit dem Aikido übereinstimmt.
Vielen Dank für heute. Bitte sage uns nun noch eine Mitteilung für diejenigen, die Interesse am Aikido haben.
Es handelt sich im Aikido nicht nur um Formen oder Techniken, und daher möchte ich in einer Weise unterrichten, die die Verbindung zwischen den Herzen fördert. Lasst uns gemeinsam in dem Gefühl trainieren, daß Geist und Körper gleicherweise vollendet werden.
Schrauben Nagai GmbH
Setagaya-ku Kamiuma 4-35-13, Tel. 03-3424-0626 / Fax 03-3424-0670
Für weiter Informationen rufen Sie mich bitte an oder benutzen Sie das Fax.
© übersetzt von Ichiro Murata und Peter Nawrot 03/2007