Interview mit Herrn Masao Yamazaki
Off Time Nr. 11
von Kenta Shimizu
In diesem Interview mit ‚Offtime’ sprechen wir mit Hern Masao Yamazaki, der die Nummer Eins bezüglich der wöchentlichen Trainingstage im Tendokan ist! Seit er in Rente gegangen ist, hat er mit Aikido angefangen, und seit 5 Jahren nimmt er beinahe an allen täglichen Trainingseinheiten teil. Er erzählte uns viel über den Ursprung seiner Kraft und über die Faszination des Aikido, sowie darüber, was er den Kindern im Training vermitteln will. Darüber hinaus ist Herr Yamazaki auch eine heitere Persönlichkeit. (April 2010)
Können Sie uns bitte am Anfang den Anlaß mitteilen, warum Sie in den Tendokan eingetreten sind?
Ich wollte zunächst anfangs meinen Enkel solide erziehen, und weil es in der Nachbarschaft ein Aikido Dojo gab, dachte ich mir, daß es doch gut wäre, ihn zum Zuschauen dorthin mitzunehmen. Aber weil das betroffene Kind meinte, daß es nicht beginnen wollte, bin ich in nun selber vorangegangen (lacht), und ich erinnere mich, daß ich dann formal eintrat. Und außerdem war mein Enkel erst im zweiten/dritten Grundschuljahr (später ist er glücklicherweise eingetreten). Was Aikido betrifft, so war mir der Name geläufig, und ich war daran interessiert zu erfahren, was das für eine Sache war. Da ich mich körperlich bewegen wollte, dachte ich, es könnte nicht schlecht sein, in meinem Alter nun mit Aikido zu beginnen.
Sie kommen seit dem Eintritt täglich zum Training, was zieht Sie ins Dojo?
Was ist das wohl – zunächst ein erfrischendes Gefühl nach dem Training, und es ist auch das Gefühl, etwas erreicht zu haben, aber ich mag auch den Gesichtsausdruck von Shimizu Sensei! (lacht) Während des Trainings sieht er sehr streng aus, oder zum Beispiel wenn ich mich beim Verlassen des Dojos verabschiede, wird sein Ausdruck freundlicher, und er lächelt. Das finde ich gut.
Worin liegt die Faszination des Aikido?
Die liegt in der Freude. Wenn das Training beendet ist, denke ich jedes Mal: „Ah, das hat Freude gemacht“. Da alles nette Menschen sind, habe ich keinerlei Widerwillen, zum Trainig zu gehen. Auf jeden Fall freue ich mich, wenn ich am Training teilnehme.
Gibt es nicht beim täglichen Training auch irgendwelche Schmerzen?
Die gibt es nicht. Beispielweise sind die Gelenke glücklicherweise dadurch etwas flexibler geworden. Anfangs als ich mit Aikido begann, war einst mein Ziel, bis zum Alter von 75 Jahren durchzuhalten, aber da es sich nun nur noch um ein Jahr handelt, beabsichtige ich, wenn ich dieses Alter überschreite, zu versuchen, bis zum Alter von 80 Jahren weiterzumachen.
Was für einen Beruf haben Sie ausgeübt?
Ich habe im Jahre Showa 35 (1960) die Universität beendet, und das war gerade die Zeit der Arbeitslosigkeit. Auf die Empfehlung eines ehemaligen Kommilitonen habe ich bei der Autofirma Nissan zu arbeiten begonnen. Ich habe 7-8 Jahre in der Geschäftsabteilung gearbeitet, danach wechselte der besagte Kommilitone zur Autofirma Mitsubishi, und er hat mich mitgenommen. Danach blieb ich bis zur Rente bei Mitsubishi. Wenn ich die damalige Zeit mit der heutigen vergleiche, so war es jedenfalls eine Zeit, in der es an vielen Dingen mangelte, und deswegen arbeitete ich sehr angestrengt.
Worte wie “Die heutige Jugend … “ hört man häufig. Wie sehen Sie, Herr Yamazaki, aus Ihren Erfahrungen heraus die Veränderungen der Einstellung der Menschen heute im Gegensatz zu früher?
Es macht bei der sogenannten ‚kindischen’ Einstellung der ersten Hälfte meiner Zwanzigerjahre und der der heute Zwanzigjährigen keinen großen Unterschied. Aber da es sich um die bereits oben erwähnten Nachkriegsjahre handelte, haben wir eine Zeit kennengelernt, in der es materiell jedenfalls nicht ausreichte, und es an vielen Dingen fehlte. Heute kann man für Geld beinahe alles kaufen, und in dieser Hinsicht frage ich mich, ob wir nicht irgendwie geistig unabhängiger waren. Nun ja, als wir jung waren, haben auch wir grundsätzlich die Welt in Frage gestellt, und das unterschied uns nicht allzu sehr von den heutigen jungen Leuten.
Verglichen mit den heutigen Studenten haben Sie ein Vielfaches an Körperkraft!
Woran mag das nur liegen ... (lacht)
Sie helfen jede Woche beim Kinder- und Jugendtraining, was wollen Sie den Kindern beibringen?
Ich habe den Eindruck, daß die heutigen Eltern bei der Zukunft ihrer Kinder zuallererst an ein Universitätsstudium denken und sie daher zusätzlich auf eine private Schule gehen lassen. Von meinem Standpunkt aus gesehen, ist natürlich ein Studium wichtig, jedoch sollten wir auch die Stärke und den Mut zu eigenen Entscheidungen fördern. Diese Dinge werden wichtig, wenn die Kinder in die erwachsene Gesellschaft entlassen werden. Ich denke so, gerade weil ich schon viele Jahre hinter mich gebracht und mein jetziges Alter erreicht habe, aber das wird wohl heute nicht so viele Eltern zum Umdenken verleiten.
Ich hoffe, daß die Kinder ihre im Aikido gemachten Erfahrungen für ihr Leben positiv nutzen können. Da gibt es z.B. die ‚Begrüßung’. Es ereignete sich gerade letzte Woche. Als ich zum Dojo ging, begrüßten mich die Jungen der Kindergruppe unterwegs mit heiteren Stimmen „Guten Tag!“. Das bereitete mir ein ausgesprochen angenehmes Gefühl. Normalerweise wird im Kinder- und Jugendtraining die Etikette geübt. Aber auch wenn sie die Etikette im Training geübt haben und sie dort gut gelungen ist, ist es eigentlich sehr schwierig, das außerhalb des Dojos zu machen, nicht wahr? Deswegen hoffe ich, daß die Kinder so werden, wie diejenigen, die mich erfrischend grüßten.
Und sie sollten in der Mittelschule genau so konzentriert auf die Worte ihrer Lehrer hören, wie sie es beim Aikidotraining tun. Dadurch werden sie ihr Studium erfolgreich absolvieren und auch im Aikido Erfolg haben.
Was machen Sie außer Aikido noch für Ihre Gesundheit?
Ich gehe früh schlafen und stehe früh auf. Beim angebotenem Essen bin ich nicht wählerisch, ich lasse es mir einfach gut schmecken. Außerdem sammeln sich in meinem Herzen keine schlechten Gedanken an. Das darf sich nichts aufstauen. Ja, natürlich, wenn schlechte Dinge gesagt werden, so bleibt etwas im Herzen zurück, aber nach 2-3 Tagen habe ich alles vergessen. Das ging mir seit frühester Zeit so. Kommt Zeit, kommt Rat.
Das stimmt. Ich glaube, nichts im Herzen aufzustauen, könnte auch ein wichtiger Hinweis sein. Können Sie uns nun zum Schluß eine Mitteilung an diejenigen Menschen geben, die Aikido beginnen möchten?
Wenn man einfach mit Aikido anfängt, bereitet das Freude, und es ist auch gut für die Gesundheit. Ich kann etwas älteren Menschen wohl Aikido empfehlen, denn selbst wenn sie im Training keine so intensiven Bewegungen ausführen, so gibt es doch einen positiven Einfluß auf die Gesundheit.
Natürlich gilt das für beide Geschlechter. Es macht ausgesprochen Freude. Beim Tendokan handelt sich um ein Dojo, in dem man mit Freude trainieren kann. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt meiner Erfahrungen.
Vielen Dank für heute.
Herr Yamazaki, der uns heute das Interview gewährte, hat auch umgekehrt während des Interviews Fragen zu den Techniken gestellt und damit seiner starken Motivation, im Aikido voranzukommen, Ausdruck verliehen. Zur Zeit kommt auch sein Enkel, der nun zur Mittelschule geht, mit ihm ins Dojo.
Ich hatte das Gefühl, als hätte der Beginn des Aikido Trainings eine neue Farbe ins Leben von Herrn Yamazaki hinzugefügt
Herr Yamazaki ist anscheinend so gesund, daß wir uns fragen, ob er im Training nicht doch ein wenig ermüden müßte. Und ich dachte dabei, wir sollten ihm nacheifern, um nicht hinter ihm zurückzufallen.
© übersetzt von Ichiro Murata und Peter Nawrot, Mai 2010