100 Milliarden Yen Wert
Kawaraban Nr. 95
10/2014
vom Leiter des Tendokan, Kenji Shimizu Sensei
In den letzten Jahren war besonders zu spüren, dass wir Menschen uns an die moderne Zivilisation gewöhnen konnten, aber wir nutzen die Sinnesorgane der lebenden Wesen, die ursprünglich seit der Geburt vorhandenen sogenannten fünf Sinne, nicht mehr so wie früher. Aber sie sind äußerst wichtig zur Erhaltung der Gesundheit von Geist und Körper. Was Geist und Körper des Menschen betrifft, so gibt es nichts anderes so wunderbares. Man sagt, dass menschliche Erfahrungen und Wissen eines Zeitraumes von 1 Million Jahren in den Genen enthalten sind.
Es gibt mehrere hundert Milliarden sogenannte Gehirnzellen, die leistungsfähiger sind als jeder Computer. Wir haben die verschiedensten Gefühle, Gedanken und alle möglichen Dinge. Menschen lieben sich, hassen sich, machen sich Sorgen, sind glücklich, überzeugen andere, sie strengen sich an, sie singen, sie spielen Piano, treiben Sport und können sich frei bewegen. Im Fall von Verletzungen oder Krankheit produziert eine chemische Fabrik im Körper die entsprechende notwendige Medizin und kommt uns so zu Hilfe.
Wenn wir Nahrung zu uns nehmen, so wird sie verdaut, nur die unnötigen Dinge werden aus dem Körper ausgeschieden. Wenn man diesen Prozess betrachtet, so kann man ihn nur als wunderbar bezeichnen. Wenn man versuchen würde, diesen Prozess künstlich zu erzeugen, so würde man das auch nicht mit einem Aufwand von 100 Milliarden Yen erreichen, es gibt nichts mit vergleichbarem Wert. Einerseits erachten wir viele teure Dinge für wichtig, aber warum behandeln wir andererseits eine sehr viel wichtigere Sache nicht mit der gebührenden Sorgfalt? Wohl auch deshalb, weil das etwas ist, was wir von unseren Eltern umsonst erhalten haben. Weil es kein Geld gekostet hat, verstehen wir den wahren Wert nicht.
Der menschliche Körper arbeitet perfekt, und auch bei hoher Leistungsfähigkeit arbeiten Funktionen wie Erneuerungskraft, Strapazierfähigkeit und die Kraft zur Selbstkontrolle bis etwa zu einem Lebensalter von 50 Jahren irgendwie ziemlich fehlerfrei. Wenn wir die 50 überschritten haben, beginnen wir zu fühlen, wie sich unser Gesundheitszustand verschlechtert. Es wird gesagt, dass wir bei gesundem Gebrauch von Kopf und Körper etwa 100 Jahre funktionsfähig bleiben. Um diese potentielle Fähigkeit länger zu erhalten, sollten wir uns des Wertes unseres Körpers bewusst werden.
Shigehiko Tayama, der englischer Literaturwissenschaftler und Kritiker ist, wies darauf hin, dass „wenn wir nur beliebig viel Wissen anzuhäufen versuchen, das menschliche Wachstum nicht folgt. Ist es daher nicht wichtiger, unseren Kopf zu gebrauchen? Man liest, erwirbt sich Kenntnisse durch ein Studium und ist natürlich auch intellektuell aktiv, aber woran es momentan mangelt, ist leben.“ Es ist falsch, wenn wir nur einfach leben und Wissen und Ausbildung fehlen. Im täglichen Leben machen wir sicherlich an den verschiedensten Stellen Fehler. Das ist ein Anreiz für den Menschen, und es entsteht Energie, mit der wir uns neuen Dingen zuwenden. Wenn in der Ausbildung im heutigen Japan von der Grundschule bis zur Universität das Leben unterbrochen wird und sehr große Anstrengungen nur auf den Wissenserwerb gelegt werden, so ist das für die Gesellschaft ein großer Verlust. Nach kurzzeitiger Konzentration auf die Schulausbildung ist es gut, bei der Arbeit in der realen Welt zu lernen. Unter den Werkstudenten gibt es zahlreiche herausragende Menschen, und das liegt daran, dass das Leben und das Studium zu einer Einheit geworden sind.
Die Erziehung im ‚Schonraum‘ einer zu niedrigen Geburtenrate bereitet uns Sorgen. Wenn wir noch mehr Informationen aufnehmen, werden wir zu Menschen, die sich stereotyp verhalten und nur formell auf festgelegte Art und Weise handeln. Wenn wir uns unbesonnen den Informationen zu Dank verpflichtet fühlen und sie blindlings übernehmen, sind wir wie ein Segelflugzeug, das aus eigener Kraft nicht fliegen kann, also werden wir letztlich nicht mehr darüber nachdenken, wie man fliegt - und das ist das, wovor Herr Toyama gewarnt hat.
Birgt daher die mit übertriebener Bequemlichkeit ausgestattete und mechanisierte Zivilisation, mit der die Menschen heute konfrontiert werden, nicht eine große Gefahr?
© übersetzt von Ichiro Murata und Dr. Peter Nawrot, 01/2015