Das Land des Konsums und der Werbung
Kawaraban Nr. 18
04/1994
von Kenji Shimizu
Vor einigen Tagen hat Erhard Schneider, 38 Jahre, ein Aikidoschüler aus Deutschland, das Dojo (in Japan) besucht. Er war zum Trainieren und ein wenig Sightseeing nach Japan gekommen. Da er sich das erste Mal in Japan befand, war für ihn alles neuartig, obwohl er einige Vorkenntnisse hatte, und er zeigte großes Interesse.
Neulich als wir Richtung Izu fuhren, fragte er überrascht oder besser gesagt mit überdrüssiger Miene: „ Sensei, warum gibt es in Japan soviel Werbung ?“. Und als ich erneut einen Blick auf die Umgebung warf, gab es dort in der Tat eine Flut fürchterlicher Plakate. Ich erinnerte mich an ein Buch von irgend jemandem mit dem Titel „ Das arme Land Japan, in dem es nur Konsum und Werbung gibt“ und hielt Erhard Schneiders Frage für verständlich. Überall wird man von grellen Lettern auf großen Tafeln erschlagen. Er war enttäuscht. Er hatte eine ästhetische Vorstellung von den japanischen Kanji, und wahrscheinlich ist dieses Bild in seinem Herzen einfach zerstört worden. In Europa gibt es Regelungen, die verhindern, daß die Umwelt der jeweiligen Gebiete, seien es die Straßen der Städte oder die Vorstädte, zerstört wird. Und wohin man auch immer geht, werden diese Regeln eingehalten. In Japan ist die Umweltzerstörung durch die Stadtschnellstraßen tiefgreifend, aber sie sind funktional. Es gewöhnen sich zudem viele Leute an diesen Zustand und werden letztendlich unsensibel. Wenn man einmal ins Ausland fährt, wird einem zum ersten Mal klar, wie weit die Umweltzerstörung in Japan fortgeschritten ist. Noch immer gibt es in den Regionen großartige Orte, doch wenn es mit dem Anbringen von Werbung an den Telegraphenmasten so weiter geht, wird der Überdruß noch verstärkt werden.
Ich bin sicher niemand, der Europa anbetet, aber was besonders die europäischen Landschaften betrifft, so gibt es dort überhaupt keine Werbung. Alleine durch das Betrachten wird das Herz erfüllt, und man spürt verstärkt die eigene Lebenskraft. Wenn wir uns in die Natur begeben, wollen wir keine Werbung als Zeichen städtischer Zivilisation sehen. Der Grund dafür ist, daß das Herz dabei übergangen wird. Ich möchte, daß die Schönheit, die aus der Natur kommt und die uns Lebenskraft spendet, erhalten bleibt.
Nun, Aikido ist wie die Schönheit der Natur. Um sich ohne eigensüchtige Bewegungen, natürlich, stark und elegant bewegen zu können, bedarf es Zeit und vielen Trainings. Wenn man so ohne Unvernunft mit dem „Gegner“ eins wird, werden freie Bewegungen möglich. Wenn man mit dem „Gegner“ eins geworden ist, fühlt man Vollkommenheit, die mit anderem Sport nicht zu erreichen ist. Ich bin stolz darauf, daß dieses Aikido, das in der ganzen Welt verbreitet ist, eine Budoart ist, die auch das Element enthält, einen Beitrag für den Weltfrieden leisten zu können. Es wird gesagt, daß die Umwelt auf die menschliche Gesundheit einen großen Einfluß hat.
Laßt uns alle zusammen helfen, auf daß unser Land Japan ein schönes Land wird.
© übersetzt von Birgit Lauenstein und Peter Nawrot 04/2004