Die Selbstkontrolle des Geistes
Kawaraban Nr. 86
01/2012
von Sensei Kenji Shimizu
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Neues Jahr und danke Ihnen vielmals für Ihre Unterstützung im letzten Jahr. Bitte unterstützen Sie uns auch weiterhin in diesem Jahr.
Nun, in diesem Jahr müssen wir uns bemühen, der übrigen Welt eine Kraft zu zeigen, mit der Japan alle Schwierigkeiten überwinden kann. Auch wenn der Einzelne nur geringe Kraft besitzt, können wir wohl durch unsere Vielzahl die gemeinsamen Kräfte bis ins Unendliche steigern. Jetzt ist es wichtig, Höflichkeit und Dankbarkeit wertzuschätzen, denn das kann dazu führen, daß die Menschen anderen mehr vertrauen und sich gegenseitig helfen. Die Menschen im alten Japan hatten einen starken Willen, obwohl sie bedürftig waren. Besonders in Ost-Asien war das sowohl im Guten wie im Schlechten gefürchtet. Und das liegt daran, daß die Japaner menschliche Stärke besaßen. Heutzutage werden Rechte und Privilegien gefordert, aber es fehlt die Stärke, Pflichten zu erfüllen. Die Wirtschaft hat uns zwar wohlhabend gemacht, aber es könnte sein, daß diese Einseitigkeit den Willen der Japaner hat schwächer werden lassen. Oder ist das eine weltweite Tendenz?
Ich bin etwas vom Thema abgewichen, aber in einer bestimmten Zeitung war zu lesen: „ Für die Planung von Finanzinstrumenten und für ihre Anwendung sind hochkomplizierte mathematische Kenntnisse und Computerberechnungen erforderlich, die jungen Experten dieser Finanzarithmetik verdienen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren Milliarden von Yen, und sie wurden Gewinner genannt. Aber die Blase der Investmentbanken und anderer Geschäftsmodelle ist geplatzt, und wir haben etwas erfahren, was doch eigentlich klar auf der Hand liegt, nämlich daß wir mit der hohen Kunst der Alchemie keine neuen Werte generieren können, die die Grenzen des wirtschaftlich Machbaren übersteigen.“
Ich frage mich nun, ob das nicht alles künstliche menschliche Produkte sind, und wir genau in einer Zeit leben, in der wir dadurch in die Irre geführt werden.
Es gibt die Worte von Soho Takuan, Zen-Meister der Rinzai Sekte in den frühen Edo-Zeit: „Der Geist selbst ist es, der den Geist in die Irre führt; auf den Geist habe acht mit wachem Geist.“ (aus ‚Zen in der Kunst des kampflosen Kampfes’ von Meister Takuan). Ich bin der Ansicht, daß wir insensibel geworden sind für die Existenz einer Seele, die die Aktivitäten des Herzens, das sich im Körper befindet, kontrolliert. Der Körper muß mit Ki erfüllt sein, und gehört dazu nicht auch die Selbstkontrolle des Geistes?
Das hat mich nach dem Ende des Kangeiko (Wintertraining) intensiv nachdenken lassen.
© übersetzt von Ichiro Murata und Dr. Peter Nawrot, 05/2012