Meine Aikidoenkel
Kawaraban Nr. 56
12/2003
von Kenji Shimizu
Es werden dieses Jahr 25 Jahre, seit ich 1978 zum ersten Mal zum Unterrichten nach Deutschland gefahren bin. Im diesem Frühjahr fand in Berlin eine grandiose Jubiläumsfeier zum 25-jährigen Bestehen von Tendōryū Aikidō statt. Gegenwärtig hat sich Tendōryū nicht nur in Deutschland und natürlich in den umliegenden Ländern sondern auch bis nach Amerika, Mexiko, ins ehemalige Jugoslawien, Serbien/Montenegro etc. ausgebreitet. Es ist weniger, dass ich mich angestrengt habe, es zu verbreiten, als dass sich die Wurzeln ausgebreitet haben, Knospen sind zu sehen und der Stamm wächst. Die Zeit ist schliesslich reif dafür geworden, dem natürlichen Fluss entsprechend.
Die Schüler, die damals jung waren, haben nun auch Jahresringe angesetzt. Und jetzt sind die Schüler dieser Schüler, d.h. meine Enkel, zu jungen Leuten herangewachsen. Auch wenn sie aus individualistischen Ländern kommen, so haben sich doch zahlreiche Schüler durch Tendōryū zu einer Einheit zusammengefunden. Darüber bin ich sehr erfreut. Ich bin dankbar, dass ich auch in Europa beim Unterrichten am Bushidogeist, an den ich glaube, festhalten konnte. Mit ihrer Einstellung verstehen zu wollen, haben sie, ohne das Gleichgewicht zu verlieren, viel auf sich genommen.
Der Anlass dafür, dass mir solche Gedanken durch den Kopf gehen, ist der, dass in letzter Zeit meine Aikidoenkel aus Deutschland einer nach dem anderen den Tendokan besuchen und unermüdlich trainieren. Die Episode eines von ihnen ist mir tief im Gedächtnis geblieben. Es war gleich am Anfang als ich begann, nach Deutschland zu reisen, im Dōjō von Deggendorf (Deutschland, eine Stadt im Osten Bayerns, in der Nähe der tschechischen und österreichischen Grenze). Über 10 Kinder der Kindergruppe sangen im Chor in Dōgis gekleidet das offizielle Schullied (vom Kultusministerium) ‚Sakura Sakura’ und hiessen mich willkommen. Einer, der damals dabei war, kam nun nach Japan und vergoss im Training seinen Schweiss. Er war damals 6 Jahre alt und hat sich mittlerweile zu einem 28-jährigen netten jungen Mann entwickelt. Er ist nun beinahe 190 cm gross.
Der gute Eindruck ist nicht nur auf ihn beschränkt, er gilt allgemein für das Verhalten meiner Aikidoenkel. Sie sind bescheiden, respektieren den Partner und zeigen grosse Aufmerksamkeit und gute Manieren. Da sind wir wieder beim Thema; durch das Aikidō lernen sie die alten japanischen Werte. Vom Lehrer zum Schüler und wieder zu dessen Schüler ... ich wünsche mir, dass diese pulsierende Kette der Weitergabe niemals aufhören möge.
© übersetzt von Birgit Lauenstein und Peter Nawrot 12/2003